Referat von Dr.Peter Barth bei der Veranstaltung "20 Jahre Sachwalterrecht" am 30.6.2004 im BMJ
von Dr. Peter Barth, Bundesministerium für Justiz
Anlass und Ziel der Reform
Die verlängerte Lebenserwartung der Menschen, der damit zusammenhängende Zuwachs der älteren Bevölkerungsgruppen und die Zunahme formalrechtlicher Anforderungen im Geschäftsleben, der öffentlichen Verwaltung und der sozialen Wohlfahrt ziehen eine expansive Entwicklung der Sachwalterschaften nach sich. Es wird zunehmend schwer - auch dort, wo es funktionierende soziale Netzwerke und Angehörige gibt - „informelle Übereinkünfte" zwischen den verschiedenen Akteuren zu finden. Es besteht seitens immer größer, arbeitsteiliger und anonymer werdender Institutionen des Geschäftslebens, der politischen Verwaltung und der sozialen Wohlfahrt ein wachsender Bedarf nach einer Formalisierung von Arbeitsabläufen. Dies verunsichert und überfordert oftmals jene, die etwa einen Antrag auf eine Sozialleistung stellen wollen; vor allem aber wurden und werden Zustimmungserfordernisse geschaffen, die nicht einfach missachtet werden können und das Tätigwerden für Angehörige oder Bekannte erschweren bzw verunmöglichen. Der Ruf nach Sachwalterschaft ist so oftmals zu einem Ruf nach formalrechtlicher Absicherung bestehender Handlungs- und Vertretungsverhältnisse geworden.
Damit einher geht nicht nur eine (drohende) Überlastung der Gerichte und steigende öffentliche Kosten für SachwalterInnen, sondern vor allem der Verlust an Glaubwürdigkeit und Effizienz der Schutzfunktion der Sachwalterschaft und ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Autonomie älterer Menschen. Es gilt nunmehr, dieser Entwicklung gegenzusteuern und das bestehende Subsidiaritätsprinzip zu stärken, indem Alternativen zur Sachwalterschaft entwickelt werden.
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