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NRAbg. Pfeffer, GF Dr. Schlaffer
01.03.2005

25 Jahre im Einsatz für Menschen mit besonderen Bedürfnissen

Seit 1980 stehen die Persönlichkeitsrechte von Menschen mit psychischen Erkrankung oder geistiger Behinderung im Fokus der Arbeit der VereinsmitarbeiterInnen. SachwalterInnen, PatientenanwältInnen und BewohnervertreterInnen sind österreichweit für Betroffene tätig - "denn Rechte setzen sich nicht von selber durch", so Geschäftsführer Dr. Peter Schlaffer.

Im Herbst 2005 feierten 250 MitarbeiterInnen des Vereins gemeinsam mit Gästen das Jubiläum im Konferenzzentrum Vila Vita im Burgenland. Zugleich begingen die burgenländischen SachwalterInnen den 20. Jahrestag ihrer Büroeröffnung in Eisenstadt.
NRAbg. Katharina Pfeffer begrüßte im Namen des Landeshauptmannes die Gäste und unterstrich die Bedeutung der Arbeit des Vereins. Das Justizministerium war durch SC Dr. Hopf vertreten, der die Anfänge und Geschichte des Vereins Revue passieren ließ. Dr. Jürgen Pelikan plädierte dafür, dass das Anrecht auf Rechtsfürsorge in die Verfassung aufgenommen wird. Vizepräsident Mag. Johann Reiter appellierte, dass der Verein weiterhin eine lebendige Institution bleiben sollte.

Immer mehr Sachwalterbestellungen und zu wenig Vereinssachwalter
Die Zahl der Menschen, die einen Sachwalter haben, ist nach wie vor stark im Steigen. Ein Sachwalter wird vom Gericht mit verschiedenen Aufgabengebieten betraut: Also z. B. Unterstützung bei der Regelung finanzieller Angelegenheiten, bei Kontakten mit Ämtern und Behörden, bei der Sicherstellung einer angemessenen Wohnsituation usw.
Anfang der 80er-Jahre wurde für etwa 1.000 Menschen im Jahr ein Sachwalter bestellt, heute sind es bereits knapp 8.000 im Jahr, Tendenz weiter steigend! Derzeit haben in Österreich etwa 60.000 Menschen einen Sachwalter, der ein Verwandter oder eine sonstig nahe stehende Person, ein Rechtsanwalt, Notar oder eben ein Vereinssachwalter sein kann.
Für den starken Anstieg der Sachwalterbestellungen gibt es unterschiedliche Ursachen. Eine davon ist sicherlich das Alter: so sind zwei Drittel der Menschen für die ein Sachwalterschaftsverfahren angeregt wird über 60. Ist derzeit jede/r Fünfte ÖsterreicherIn über 60 wird es 2030 jede/r Dritte sein. Ebenso deutlich höher ist die Lebenserwartung – damit steigt aber auch die Wahrscheinlichkeit für Pflegebedürftigkeit und auch Krankheiten wie Demenz und Alzheimer.
Ein weiterer Grund für den Anstieg der Sachwalterschaften: Es fällt vielen Menschen immer schwerer, mit einem zunehmend komplexen Rechtssystem zurecht zu kommen. Gerade wenn es um Themen wie Pension, Sicherstellung gesundheitlicher und sozialer Leistungen, Mietrecht usw. geht.

Sachwalterrecht im Umbruch
SachwalterInnen kommen zu einem Teil aus dem Kreis der MitarbeiterInnen des Vereins für Sachwalterschaft, Patientenanwaltschaft und Bewohnervertretung (VSP).
„Oft aber können Angehörige oder andere Personen aus dem unmittelbaren Umkreis eines älteren Menschen diesen bei der möglichst eigenständigen Erledigung wichtiger Angelegenheiten unterstützen, so dass keine Sachwalterschaft nötig wird. Dies müsste noch stärker auch auf gesetzlicher Ebene gefördert werden", betont Schlaffer.
Er begrüßt, dass derzeit an einer Reform des Sachwalterrechts gearbeitet wird und wünscht sich von dieser auch mehr Möglichkeiten, um die Maßnahme Sachwalterschaft besser individuellen Lebenssituationen anpassen zu können.
Die Bestellung eines Sachwalters ist nur als letzter Ausweg zu sehen. Der Vorsorge im Sinne der „Vorsorgevollmacht" muss in Zukunft mehr Augenmerk geschenkt werden. Schon rechtzeitig sollte sich jeder überlegen, wie er seine Angelegenheiten geregelt haben möchte, wenn er möglicherweise einmal nicht mehr selbst entscheiden kann.
„Die Zusammenarbeit mit unseren KlientInnen ist uns sehr wichtig und deren Wünsche werden so weit als möglich berücksichtigt. Trotzdem bedeutet Sachwalterschaft immer einen Eingriff in die höchstpersönlichen Rechte und bewirkt ein Stück Entmündigung", so Schlaffer. Wichtig wäre daher immer, alle Alternativen zu einer Sachwalterschaft zu prüfen und diese sowohl in Hinsicht auf die Dauer als auch die betroffenen Lebensbereiche zu differenzieren.

Verbesserung für Bewohner und Mitarbeiter von Heimen
Auch durch kontinuierliche Informations- und Lobbyingarbeit des VSP ist ein Qualitätssprung für die Rechte und Interessen der Menschen, die in Alten-, Pflege- und Behindertenheimen leben bereits gelungen:
Mit dem heuer in Kraft getretenen Heimaufenthaltsgesetz wird ein jahrelanger rechtsfreier Raum beseitigt. Erstmals sind gesetzliche Regelungen beschlossen worden, die sowohl den BewohnerInnen als auch dem Betreuungs- und Pflegepersonal in Heimen und Betreuungseinrichtungen ein größtmögliches Maß an Sicherheit im Umgang mit Freiheitsbeschränkungen geben werden. Festgelegt wird, unter welchen Voraussetzungen diese bei Menschen mit geistiger Behinderung oder psychischer Krankheit vorgenommen werden dürfen. Unterstützt durch die Regelungen des Gesetzes werden die neuen BewohnervertreterInnen tätig, die u. a. beim VSP angestellt sind. Gemeinsam mit allen Beteiligten wird daran gearbeitet, Freiheitsbeschränkungen zu vermeiden oder dass zumindest die Dauer ihrer Anwendung möglichst kurz bleibt. Das Selbstverständnis der Bewohnervertretung geht also deutlich über eine reine Kontrollaufgabe hinaus.

Patientenanwälte als Vertreter in der Psychiatrie
Schon lange wird von verschiedenen Experten auch auf den Anstieg der Zahl der Menschen mit psychischen Krankheiten hingewiesen. Dafür verantwortlich gemacht wird u. a. auch der zunehmend starke Druck in der Arbeitswelt, wo immer stärker die „Leistung um jeden Preis" im Vordergrund steht.
Patienten, die in psychiatrischen Abteilungen angehalten oder untergebracht werden, haben das Recht auf Vertretung durch einen Patientenanwalt.
„Als die Patientenanwaltschaft 1991 mit dem Unterbringungsgesetz ihre Arbeit begann, trafen die MitarbeiterInnen auf teils große Skepsis und auch Widerstand von Ärzten und Krankenpflegepersonal", berichtet Schlaffer. „Inzwischen wird ihre Tätigkeit auch als Beitrag zur Qualitätssicherung in der Psychiatrie gesehen."

Der Verein im Burgenland
Die Geschäftsstelle Eisenstadt des VSP besteht seit 1985. Sie feiert damit heuer ihr zwanzig jähriges Bestehen. 1988 wurden eine Außenstelle in Oberwart und 1994 zusätzlich Beratungszentren in Oberpullendorf und Neusiedl am See eingerichtet. Im Burgenland sind fünf hauptberufliche und 28 ehrenamtliche Sachwalter tätig, die von drei administrativen Mitarbeiterinnen unterstützt werden. Seit Mai 2005 gibt es zudem zwei Mitarbeiter die als Bewohnervertreter tätig sind.
Die MitarbeiterInnen des VSP verstehen sich auch als Anlaufstelle zu allen Fragen rund um die Themen Sachwalterschaft sowie Freiheitsbeschränkungen von Menschen die in Heimen leben und Wahrung von Persönlichkeitsrechten in der Psychiatrie.
Im Burgenland gibt es derzeit nur psychiatrische Ambulanzen, daher ist die Patientenanwaltschaft für Burgenländische Patienten in den beiden Krankenhäusern Graz bzw. Gugging tätig. Wenn - wie geplant 2007 - in Eisenstadt eine psychiatrische Abteilung eröffnet wird, werden die Patientenanwälte auch vor Ort zum Einsatz kommen.