Menschenrechte sind auch 70 Jahre nach ihrem Beschluss nicht selbstverständlich
Im Jahr 1948 verabschiedete die UNO-Vollversammlung die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte mit dem berühmten Ersten Artikel als unmissverständlicher Botschaft. VertretungsNetz setzt sich in diesem Sinn für die Grundrechte von Menschen mit psychischer oder intellektueller Beeinträchtigung ein. 2018 gab es für den Verein viele Herausforderungen.
„Für unsere tägliche Arbeit sind vor allem zwei spezifische Menschenrechtsdokumente relevant: die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) und die UN-Kinderrechtekonvention (UN-KRK)“, erklärt Peter Schlaffer, Geschäftsführer von VertretungsNetz. So ist beispielsweise das 2. Erwachsenenschutzgesetz, das heuer im Juli in Kraft getreten ist, ohne die UN-BRK gar nicht vorstellbar. „Der wesentliche Grundsatz – weg von der Stellvertretung hin zu Selbstbestimmung – spiegelt den Kerngedanken der UN-BRK wieder.
„Unsere Aufgabe ist es nun, das neue Gesetz, an dessen Entstehung wir intensiv mitgewirkt haben, mit Leben zu füllen. Dabei ist es unser Ziel, Menschen, die aufgrund einer psychischen oder intellektuellen Beeinträchtigung in ihrer Entscheidungsfähigkeit eingeschränkt sind, so zu unterstützen, dass sie eigene Entscheidungen treffen und damit möglichst selbstbestimmt leben können“, so Schlaffer.
Kinderrechte
Die Situation von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen ist ein besonders sensibles Thema. „Die Novelle des Heimaufenthaltsgesetzes war uns ein wesentliches Anliegen. Denn erst jetzt gilt für alle Kinder und Jugendlichen, die in Einrichtungen betreut werden, der gleiche Rechtsschutz, was ihr Recht auf Bewegungsfreiheit betrifft“, betont Schlaffer. Schon in den ersten Monaten verzeichnete die Bewohnervertretung von VertretungsNetz eine Vielzahl an Meldungen von Freiheitsbeschränkungen an Kindern und Jugendlichen, die nun genau überprüft werden.
Mindestsicherung
Die Vertretung und Unterstützung von Menschen mit psychischer oder intellektueller Beeinträchtigung ist die Kernaufgabe von VertretungsNetz. Darüber hinaus engagiert sich der Verein bei verschiedenen Themen, die diese Menschen betreffen. Die Mindestsicherung ist eines davon.
„Für viele der von uns vertretenen Menschen stellt die Mindestsicherung die Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben dar. Aus diesem Grund, darf man hier nicht noch zusätzlich den Sparstift ansetzen“, mahnt der Geschäftsführer von VertretungsNetz soziale Verantwortung ein.
„Den nun vorliegenden Entwurf des Grundsatzgesetzes zur Ablöse der Mindestsicherung werten wir als gravierenden Rückschritt. Denn plötzlich werden nur noch Höchstwerte für bestimmte Leistungen angeführt, die von den Ländern noch unterboten werden könnten. Der Gesetzesentwurf entspricht nun eher einem Almosensystem, als der Absicherung eines möglichst selbstbestimmten Lebens für Menschen mit Beeinträchtigung“, erläutert Peter Schlaffer. VertretungsNetz wird sich intensiv mit dem Gesetzesvorhaben auseinandersetzen und eine umfassende Stellungnahme abgeben.
Maßnahmenvollzug
Eine unerträgliche Rechtslücke bleibt vorerst bestehen: Es gibt noch immer kein Maßnahmenvollzugsgesetz. VertretungsNetz hat sich zu diesem Thema schon mehrmals öffentlich zu Wort gemeldet.
Wird ein Mensch mit psychischer Erkrankung zwangsweise in der Psychiatrie untergebracht, dann gilt das Unterbringungsgesetz. Jeder/m Betroffenen wird eine Patientenanwältin oder ein Patientenanwalt von VertretungsNetz zur Seite gestellt. Wer aber etwa unter dem Einfluss einer psychischen Erkrankung eine „gefährliche Drohung“ ausspricht, kann zeitlich unbegrenzt im Maßnahmenvollzug verwahrt werden. Wir fordern eine gesetzliche Grundlage, um diese Personen vertreten zu können“, so der Geschäftsführer von VertretungsNetz.
Ungebremstes Engagement
„Durch das Erwachsenenschutzgesetz und die Novelle des Heimaufenthaltsgesetzes konnte der Menschenrechtsschutz in Österreich weiter verbessert werden“, zieht Peter Schlaffer Bilanz. „So gesehen war 2018 für Menschen mit psychischer oder intellektueller Beeinträchtigung aus menschenrechtlicher Sicht ein erfolgreiches Jahr.
Für 2019 sieht er VertretungsNetz wie immer in der konkreten Vertretungs- und Unterstützungsarbeit gefordert, damit Grund- und Freiheitsrechte auch tatsächlich gewahrt werden. Er verspricht: „Wir überprüfen die komplexen Rechtsmaterien sehr genau und werden dazu öffentlich Stellung nehmen. Denn Menschen mit Behinderungen sind oft benachteiligt. Ihre Grundrechte sind daher besonders abzusichern.“
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UN-Deklaration der Menschenrechte
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