Wie eine ehrenamtliche Mitarbeiterin bei VertretungsNetz eine Familienzusammenführung bewirkte.
Franz R. ist ein Einzelkind – dachte er zumindest die letzten 50 Jahre seines Lebens. Bis sich im vergangenen Jahr die Ereignisse überschlugen. Doch von vorne. Franz R. lebt in einer Wohngemeinschaft in Wien und arbeitet in einer Werkstätte für Menschen mit Behinderungen. Seit drei Jahren unterstützt ihn die ehrenamtliche Erwachsenenvertreterin von VertretungsNetz, Martina Knopp. Mit seiner Mutter hat Herr R. regelmäßigen Kontakt, zu seinem Vater nicht. „Ich habe erst bemerkt, dass der Vater meines Klienten verstorben ist, als die regelmäßigen Unterhaltszahlungen weggefallen sind. Nachdem ich mich um die Waisenpension gekümmert hatte, begann ich bei den Begräbnisinstituten in NÖ zu recherchieren, welcher Notar für die Hinterlassenschaften zuständig ist“, erzählt Martina Knopp den Start ihrer ungewöhnlichen Entdeckung. Zum Notartermin in Melk fährt Martina Knopp mit ihrer Teamleiterin von VertretungsNetz, aber ohne den Klienten. „Ich habe kein Auto und wollte ihm die umständliche Strecke nicht antun.“ Doch der Weg hat sich gelohnt. Vor Ort kann sie nicht nur den Pflichtteil der Erbschaft für Franz R. beantragen, sondern die ehrenamtliche Erwachsenenvertreterin trifft auch auf mehrere Halbgeschwister und einen leiblichen, 2 Jahre jüngeren, Bruder von Franz R. „Dieser Bruder war mit seinen Pflegeeltern da, bei denen er seit seinem 2. Geburtstag lebt. Er sieht meinem Klienten sehr ähnlich und hat auch eine kognitive Behinderung. Sowohl er als auch mein Klient wussten bis dato nichts voneinander“, erinnert sich Martina Knopp.
Auch die Pflegeeltern schienen über die ungeplante Begegnung erfreut. Also borgte sich die engagierte ehrenamtliche Erwachsenenvertreterin ein paar Wochen später ein Auto aus und fuhr mit Herrn R. und seiner Mutter nach Niederösterreich. Denn auch die Mutter von Franz R. hatte ihren zweiten leiblichen Sohn sehr lange nicht mehr gesehen. „Das Aufeinandertreffen war ein zutiefst bewegender Moment. Die beiden Brüder haben sich sehr gefreut und sich gegenseitig Matchboxautos geschenkt“, freut sich Martina Knopp, die diese Familienzusammenführung maßgeblich in die Wege leitete.
„Diese Geschichte zeigt wieder einmal, dass Erwachsenenvertretung so viel mehr ist als reine Geldverwaltung. Auch hier steht das Zwischenmenschliche im Fokus “, bestätigt die Ehrenamtsleiterin Monika Schober. Hauptberufliche Mitarbeiter:innen als Ehrenamtsleiter:innen betreuen bei VertretungsNetz die ehrenamtlichen Erwachsenenvertreter:innen. Sie organisieren Teammeetings, bieten fachliche Anleitung an und unterstützen mit ihrer Erfahrung.
Nicht nur in Wien, sondern in ganz Österreich außer Vorarlberg sucht der Verein laufend neue ehrenamtliche Mitarbeiter:innen. Als Erwachsenenvertreter:in bei VertretungsNetz unterstützt man Menschen, die aufgrund einer psychischen Erkrankung oder intellektuellen Beeinträchtigung in ihrer Entscheidungsfähigkeit eingeschränkt sind. Man vertritt sie zum Beispiel vor Ämtern und Behörden, beim Abschluss von Verträgen, bei der Regelung der eigenen Finanzen oder bei der Absicherung einer angemessenen Wohnsituation.
Wer sich für das Ehrenamt bei VertretungsNetz interessiert, findet hier weitere Details.