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Bernhard Rappert, Bereichsleiter Patientenanwaltschaft Wien/NÖ
Bernhard Rappert, Bereichsleiter Patientenanwaltschaft Wien/NÖ
05.05.2017

„Die Abschaffung der Netzbetten ist ein Erfolg“

Die Dauer von Freiheitsbeschränkungen hat sich insgesamt reduziert

Bis 2015 kamen vor allem in Wien und vereinzelt in der Steiermark unter anderem in der Psychiatrie noch Netzbetten zum Einsatz. Netzbetten sind durch ein Netz rundherum abgeschlossene Betten, die der/dem Betroffenen kein Entkommen ermöglichen. Oft wurden Menschen in den Netzbetten noch zusätzlich mit Gurten fixiert oder mit Medikamenten sediert. Einige problematische Vorfälle erlangten immer wieder mediale Aufmerksamkeit und auch das Anti-Folter-Komittee des Europarates, das Österreich regelmäßig überprüft, kritisierte diese Praxis der Freiheitsbeschränkung. Trotzdem brauchte es einen Erlass des Gesundheitsministeriums bis es endgültig zum österreichweiten Verbot der Netzbetten kam.

Befürchtungen haben sich nicht bewahrheitet

Von den GegnerInnen einer Abschaffung der Netzbetten wurde immer wieder ins Treffen geführt, dass das Netzbett von Fixierungen und anderen freiheitsbeschränkenden Maßnahmen abgelöst würde. Eineinhalb Jahre später zieht die VertretungsNetz-Patientenanwaltschaft eine erste Bilanz und stellt dabei fest, dass der Wegfall der Netzbetten nicht zu Fixierungen im gleichen zeitlichen Ausmaß geführt hat. „Unsere Erhebung hat gezeigt, dass auf ein Kalenderjahr hochgerechnet einem Entfall von Netzbettbeschränkungen in der Dauer von 22.100 Stunden ein Mehr an Fixierungen im Umfang von 8.010 Stunden gegenüber steht. Oft genügt schon der Einsatz einer gelinderen Maßnahme, wie beispielsweise Seitenteile am Bett“, ist Bernhard Rappert, Bereichsleiter der VertretungsNetz-Patientenanwaltschaft Wien erfreut über den Erfolg der Netzbett-Abschaffung und der Reduzierung von Zwangsmaßnahmen an PatientInnen.

Beschränkung durch Zuwendung ersetzen

Durch den Verzicht auf den weiteren Einsatz von Netzbetten konnte ein umstrittenes Kapitel der Psychiatrie-Geschichte geschlossen werden. „Von einem menschenrechtlichen Standpunkt aus war das Verbot längst überfällig“, ist Rappert überzeugt.
Für die Zukunft sieht Patientenanwalt Bernhard Rappert zwei Hauptthemen in den psychiatrischen Abteilungen: ausreichende Personalausstattung und bauliche Modernisierung. „Das Handwerkszeug der Psychiatrie besteht in menschlicher Zuwendung. Dadurch können die Beschränkungen der Bewegungsfreiheit weiter reduziert und zugleich Sicherheit und Zufriedenheit auf den Abteilungen gefördert werden.“

Link:

Netzbetten endlich abschaffen!

Poster "Auswirkungen der Abschaffung der Netzbetten in der Wiener Psychiatrie"