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04.12.2024

Ehrenamtliche Erwachsenenvertreterin verschafft 90-jährigem Kärntner neue Lebensfreude

Mit Zeit, Fachwissen und Empathie leisten Ehrenamtliche entscheidende Unterstützung für ein besseres Leben ihrer Klient:innen.

„Manchmal braucht es einfach jemanden, der genau hinsieht“, sagt Sabine Schöffmann, ehrenamtliche Erwachsenenvertreterin bei VertretungsNetz in Villach. Mit über 30 Jahren Erfahrung in der Pflege bringt sie nicht nur Expertise, sondern auch Verständnis und Einfühlungsvermögen in ihre ehrenamtliche Arbeit ein – wovon ihr Klient, der 90-jährige Johannes Hauser (Name geändert), entscheidend profitiert hat. Seine Geschichte zeigt, wie wichtig ehrenamtliche Erwachsenenvertretung ist.

Johannes Hausers Geschichte

Als Johannes Hauser seine Ehefrau verlor, veränderte sich sein Leben schlagartig: Sie war nicht nur seine Partnerin, sondern auch seine gesetzliche Erwachsenenvertreterin. Daher wurde ihm durch das Gericht eine gerichtliche Erwachsenenvertreterin von VertretungsNetz zugewiesen. Aufgrund seiner beginnenden Parkinson- und Alzheimer-Erkrankungen zog er in ein Pflegeheim in seiner Dorfgemeinschaft. „Meine Vorgängerin wählte damals dieses Heim aus, weil man ihn nicht aus der Dorfgemeinschaft reißen wollte“, erklärt Sabine Schöffmann die Entscheidung. „Hätte man damals schon gewusst, was Herrn Hauser dort erwarten würde, hätte sie sicher eine andere Entscheidung getroffen.“

„Herr Hauser wurde im Heim mit seinen Ängsten, seiner Trauer und in den Phasen seiner Erkrankung alleingelassen“, schildert Sabine Schöffmann die Situation. „Er galt im Heim als schwieriger Bewohner. Durch meine lange Erfahrung in der Pflege mit älteren Menschen weiß ich aber, wie wichtig es ist, Menschen aufzufangen, die sich in solchen Trauerphasen befinden und Symptome einer beginnenden Demenz zeigen. Denn diese Symptome machen den Betroffenen selbst Angst und fördert Reaktionen, die irrtümlich mit aggressivem Verhalten gleichgesetzt werden. Doch in diese Richtung geschah im Pflegeheim nichts. Im Gegenteil, er wurde erst stigmatisiert und dann ignoriert.“ Statt auf seine Bedürfnisse einzugehen, ließ man es zu, dass der trauernde Mann sich in eine Kammer, ein Zimmer ohne eigenes Bad, zurückzog. Die Mahlzeiten musste er häufig alleine einnehmen, weil er als aggressiv eingestuft wurde. Hilfe beim Essen gab es kaum. „Wenn er nach fünf oder sechs Bissen zu zittern begann und der Löffel wegrutschte, war er allein. Niemand schaute mehr nach ihm oder half ihm. Darüber verzweifelte er dann regelmäßig und warf das Essen weg. Worauf er vom Pflegepersonal wiederum als aggressiv eingestuft wurde – ein Teufelskreis ", erinnert sich Schöffmann. Sie erkannte die Situation schnell und unterstützte ihren Klienten weit mehr, als es ihre Aufgabe als Erwachsenenvertreterin von ihr verlangte. Nur ein Besuchsdienst und die Ehrenamtliche kümmerten sich regelmäßig um den Kärntner. Sabine Schöffmann übernahm teilweise Pflegeaufgaben wie Waschen oder die Begleitung beim Essen. Auch in heißen Sommermonaten achtete sie darauf, dass er ausreichend Flüssigkeit bekam und ein Krug mit Wasser im Zimmer für ihn bereit stand – all das, was im Heim vernachlässigt wurde. Weil Herr Hauser immer rastloser wurde und das Heim häufig verließ, suchte die ehrenamtliche Erwachsenenvertreterin nach einer pragmatischen Lösung: Sie baute ein Netzwerk mit einigen Geschäften auf. Er konnte in den Läden wie gewohnt einkaufen oder im Cafe sitzen, und einmal in der Woche fuhr sie alle Dorfgeschäfte ab, um die offenen Rechnungen zu begleichen. „Die Menschen im Dorf kannten ihn und waren bereit zu helfen. So konnte er etwas seine Selbstständigkeit bewahren“, erklärt Schöffmann.

Doch die Situation im Heim wurde immer angespannter. Auch die Interventionen der ehrenamtlichen Erwachsenenvertreterin führten zu keiner Verbesserung. Erst mehrere Stürze und ein Krankenhausaufenthalt machten es möglich, dass dem Ansuchen der Erwachsenenvertreterin auf einen anderen Heimplatz für ihren Klienten nachgegeben wurde.

Im neuen Heim blühte Johannes Hauser sofort auf: Er nimmt jetzt regelmäßig an Aktivitäten teil, singt im Chor, tanzt und scherzt mit den anderen Bewohner:innen und Pfleger:innen. Zum ersten Mal seit Langem ist er wieder ein Teil der Gemeinschaft. „Er läuft im neuen Heim nicht mehr weg, er ist kein schwieriger Bewohner mehr. Stattdessen genießt er sein Leben, das merkt jeder, der ihn sieht. Ich bin wirklich froh, dass ich ihn durch diese schwierige Phase in seinem Leben hindurch begleiten konnte“, ist die ehrenamtliche Erwachsenenvertreterin erleichtert.

Die wertvolle Arbeit der ehrenamtlichen Erwachsenenvertreter:innen

„Die Geschichte von Johannes Hauser zeigt, wie wertvoll ehrenamtliche Erwachsenenvertretung ist. Die ehrenamtliche Mitarbeiter:innen bringen viel Zeit, Fachwissen, aber auch persönliche Empathie und Einsatzbereitschaft für ihre Klient:innen mit – Qualitäten, die Menschen wie Johannes Hauser zu einem besseren Leben verhelfen“, bestätigt auch Schöffmanns Ehrenamtsleiterin bei VertretungsNetz, Alexandra Cettl.

Rund 800 Menschen spenden VertretungsNetz einen Teil ihrer Freizeit und engagieren sich als ehrenamtliche Erwachsenenvertreter:innen. Ohne sie würde eine wichtige Säule im Verein fehlen. Daher sucht VertretungsNetz nicht nur in Kärnten, sondern in ganz Österreich außer Vorarlberg laufend neue ehrenamtliche Mitarbeiter:innen. Als Erwachsenenvertreter:in bei VertretungsNetz unterstützt man Menschen, die aufgrund einer psychischen Erkrankung oder intellektuellen Beeinträchtigung in ihrer Entscheidungsfähigkeit eingeschränkt sind. Man vertritt sie zum Beispiel vor Ämtern und Behörden, beim Abschluss von Verträgen, bei der Regelung der eigenen Finanzen oder bei der Absicherung einer angemessenen Wohnsituation. Hauptberufliche Mitarbeiter:innen betreuen dabei die ehrenamtlichen Erwachsenenvertreter:innen. Sie organisieren Teammeetings, bieten fachliche Anleitung an und unterstützen mit ihrer Erfahrung.

Interesse an einem Ehrenamt bei VertretungsNetz? Hier finden Sie weitere Infos. ​​​​​