VertretungsNetz äußert Sorge wegen geplanter Änderungen im Erwachsenenschutz
Knapp 34.800 gerichtliche Erwachsenenvertretungen gab es Ende 2024 in Österreich, VertretungsNetz übernimmt als größter Erwachsenenschutzverein in seinem Zuständigkeitsgebiet 22% aller Vertretungen. 6.824 Menschen mit intellektuellen oder psychischen Beeinträchtigungen wurden im Lauf des Vorjahres vertreten.
„Wir sind zunächst sehr erleichtert, dass es bei den Erwachsenenschutzvereinen nicht zu Budgetkürzungen kommen wird, das ist ein wichtiges Signal“, sagt Gerlinde Heim, Geschäftsführerin von VertretungsNetz anlässlich der bekanntgegebenen Budgetpläne. Ohnehin wird zur Herausforderung, dass Inflation und Gehaltssteigerungen in der Fördersumme nicht abgegolten werden.
Schon jetzt ist es so, dass es für die Gerichte immer schwieriger wird, geeignete Erwachsenenvertreter:innen zu finden, wenn keine Angehörigen vorhanden sind. Rechtsanwält:innen und Notar:innen stehen immer seltener zur Verfügung, und die Vereine können den Bedarf mit ihren begrenzten Ressourcen nicht ausreichend decken. Somit wächst die Versorgungslücke stetig und hat sich seit 2018 zunehmend verschärft.
„Es ist bedauerlich, dass die Pläne eines Ausbaus der Erwachsenenschutzvereine nun angesichts der prekären Budgetlage zurückgestellt werden müssen. Schließlich sind unsere Erwachsenenvertreter:innen für ihre Tätigkeit eigens ausgebildet und stehen für Professionalität. Wir orientieren unser Handeln an der UN-Behindertenrechtskonvention. Selbstbestimmung trotz Stellvertretung ist für uns das oberste Gebot.“
Längere Erwachsenenvertretungen, Rückbau von Clearing
Die im seit 2018 gültigen Erwachsenenschutzgesetz bisher vorgesehenen Selbstbestimmungsrechte werden jedoch nun wieder rückgebaut. Künftig werden gerichtliche Erwachsenenvertretungen nicht mehr für drei sondern fünf Jahre bestellt. Außerdem entfällt nach Ablauf einer Erwachsenenvertretung die verpflichtende Abklärung durch die Erwachsenenschutzvereine. „Bisher haben wir im Auftrag des Gerichts in jedem Fall überprüft, ob es eine Erneuerung der Vertretung braucht oder ob es Alternativen dazu gibt, die mehr Selbstbestimmung zulassen“, erklärt Heim.
VertretungsNetz befürchtet, dass ohne verpflichtendes Clearing die Wiederbestellung einer Erwachsenenvertretung in vielen Fällen zu einem Formalakt wird und „automatisch“ zu einer Verlängerung der gerichtlichen Vertretung führt – obwohl sich Lebensumstände oder das Erkrankungsbild betroffener Personen ja nach einigen Jahren geändert haben können.
„Auch wenn es uns durch weniger Clearings möglich sein wird, insgesamt mehr gerichtliche Erwachsenenvertretungen zu übernehmen, sehen wir doch mit Sorge, dass wichtige Selbstbestimmungsrechte zurückgedrängt werden. Im Einzelfall kann das dazu führen, dass die gerichtliche Erwachsenenvertretung zu lange besteht bzw. dass der unabhängige Blick von außen auf Vertretungsverhältnisse entfällt.“
Seitens VertretungsNetz hofft man, dass die Pläne für einen Ausbau der Erwachsenenschutzvereine nicht abgesagt, sondern nur auf die Zukunft verschoben werden. Denn die demografische Entwicklung zeigt, dass es mehr professionelle Erwachsenenvertretungen brauchen wird.
Link:
Stellungnahme VertretungsNetz zur Regierungsvorlage Budgetbegleitgesetz 2025