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23.02.2018

Kein Ende der Turbulenzen beim Erwachsenenschutzgesetz

Unklarheiten über Finanzierung und Inkrafttreten erschüttern auch Erwachsenenschutzvereine

„Seit Montag hängen wir völlig in der Luft“, beschreibt Dr. Peter Schlaffer, Geschäftsführer von VertretungsNetz, den Zustand, in dem sich die künftigen Erwachsenenschutzvereine seit einer Besprechung im Justizministerium befinden. „Wir mussten sämtliche Vorbereitungen stoppen, da die Finanzierung in Frage gestellt ist. So ist ein seriöses Weiterarbeiten für uns nicht möglich.“

Neue Aufgaben für Vereine

Das Erwachsenenschutzgesetz sieht für die Vereine eine Reihe neuer Aufgaben vor. So ist zum Beispiel im Vorfeld einer gerichtlichen Erwachsenenvertretung künftig eine verpflichtende Abklärung notwendig, die von VereinsmitarbeiterInnen erfolgt. „Es geht darum in Erfahrung zu bringen, ob Alternativen zu einer Vertretung z.B. durch Angehörige möglich sind. Und falls es zu einer gerichtlichen Vertretung kommen sollte, für welche Angelegenheiten wiederum diese notwendig ist“, erklärt Schlaffer. „Das ist einer der fundamentalen Unterschiede zum Sachwalterrecht: Es geht darum Unterstützung sicherzustellen und nicht pauschal zu vertreten.“

Diese neuen Aufgaben sind personal- und zeitintensiv, weshalb die Umsetzung des Erwachsenenschutzgesetzes für Gerichte und Vereine im erforderlichen Ausmaß gesichert werden muss. „Wir brauchen endlich Finanzierungssicherheit, um die Vorbereitungsarbeiten wieder aufnehmen zu können“, fordert der Geschäftsführer von VertretungsNetz.

Wie eine von Beginn an chronische Unterfinanzierung aussieht, zeigt das Beispiel Sachwalterrecht. Dieses konnte aufgrund der mangelhaften Finanzierung nie sein wahres Potenzial entwickeln. „Es ist erschütternd, dass das mit dem Erwachsenenschutzgesetz schon vor dem Inkrafttreten eine Fortsetzung findet.“

Selbstbestimmung zentral

Mit dem Erwachsenenschutzgesetz erlangt die Selbstbestimmung von Betroffenen einen wesentlich höheren Stellenwert als bisher. „Daher betrifft das Gesetz auch mehr Menschen, als bloß jene rund 60.000 Personen, für die bereits jetzt eine Sachwalterin/ein Sachwalter bestellt ist. Beispielsweise die eigenen Eltern oder Großeltern“, so Schlaffer.

Mit dem Erwachsenenschutzgesetz können beispielsweise Personen mit demenzieller Erkrankung noch selbst eine Vertreterin/einen Vertreter bestimmen. Derzeit würde für sie eine Sachwalterin/ein Sachwalter bestellt und das müssen nicht immer Familienmitglieder sein, wie viele Beschwerden bei der Volksanwaltschaft zeigen.

„Der Bedarf für das Erwachsenenschutzgesetz ist groß. Denn wir wissen, dass die Zahl der Demenzerkrankungen steigt und dass dringender Handlungsbedarf besteht“, sagt VertretungsNetz Geschäftsführer Dr. Peter Schlaffer. „Das Erwachsenenschutzgesetz bietet den Betroffenen mehr Gestaltungsspielraum für ihr eigenes Leben.Die Erwachsenenschutzvereine unterstützen dabei.“

Frage der Menschenrechte

Die Veränderungen, die durch das Erwachsenenschutzgesetz erfolgen, sind dringend notwendig. Denn mit dem Gesetz halten endlich auch in Österreich internationale Menschenrechtsstandards Einzug. „Daher ist eine Verschiebung des Inkrafttretens keine Option – weder für die Betroffenen, noch für Österreich. 2019 findet die nächste Staatenüberprüfung durch die UNO statt. Dabei stand zuletzt das 30 Jahre alte Sachwalterrecht massiv in Kritik“, verdeutlicht Peter Schlaffer die Bedeutung des Gesetzes.


Link:

Pressegespräch zum Erwachsenenschutzgesetz, 
Montag, 26.02.2018, 10.30h Sozialministeriumservice

Einladung zum Pressegespräch Erwachsenenschutzgesetz