Die Ziele des Erwachsenenschutzgesetzes erfordern eine Ausweitung des Unterstützungsangebotes in den Bundesländern
Mit Juli 2018 wird das Erwachsenenschutzgesetz das bisherige Sachwalterrecht ablösen. Bis dahin ist noch viel zu klären und vorzubereiten, damit der Wandel hin zu mehr Selbstbestimmung für betroffene Personen stattfinden kann. „Als künftige ErwachsenenvertreterInnen wird es unsere Aufgabe sein, noch mehr als bisher die eigenständigen Entscheidungen der Menschen zu unterstützen“, beschreibt Christian Aigner, Fachbereichsleiter VertretungsNetz – Sachwalterschaft, diesen Balanceakt zwischen dem Streben nach möglichst weitreichender Selbstbestimmung und der Ausübung der Vertretungsaufgabe.
Bundesländer sind gefordert
Doch nicht nur die grundsätzliche Haltungsänderung wird über den Erfolg des neuen Erwachsenenschutzgesetzes entscheiden. Wesentlich wird auch das Angebot von Unterstützungsleistungen der Bundesländer sein, die die bundesweite Regelung ergänzen müssen. „Aus unserer Praxis wissen wir, dass Sachwalterschaften oft gar nicht notwendig sind. Was fehlt, sind die passenden Alternativen“, erklärt Christian Aigner. Zum Beispiel jemanden, der bei der Erledigung existentiell wichtiger Zahlungen, wie Miete, Betriebskosten oder der Handyrechnung, jedes Monat unterstützt. Das leistet beispielsweise das Betreute Konto, das unter anderem aktuell von der Schuldnerberatung Wien angeboten wird. In den meisten Bundesländern entsteht so ein Angebot erst.
Ganz ähnlich sieht es mit Persönlicher Assistenz oder aufsuchender Sozialarbeit aus, die ebenfalls darauf ausgerichtet sind, Menschen in ihrer alltäglichen Entscheidungsfindung und Lebensgestaltung zu unterstützen und so ihre Selbstbestimmung ohne Erwachsenenvertretung zu erhalten. Die Angebote sind viel geringer als die Nachfrage, oder sie laufen nur im Status eines Pilot- oder Modellversuchs.
„Bislang wurden die unzureichenden Unterstützungsangebote in den Bundesländern oft auch mit dem schnellen Ruf nach einer Sachwalterschaft ausgeglichen. Das wird sich spätestens 2018 ändern, wenn die Intention des Gesetzes eingehalten wird und wir wollen, dass die Umsetzung des Erwachsenenschutzgesetzes ein Erfolg wird“, so Aigner. „Die Bereitstellung sozialer Dienstleistungen für die Betroffenen ist eine wichtige Aufgabe der Bundesländer. Es wird höchste Zeit, dass die Verantwortlichen entsprechend handeln“, fordert Christian Aigner, der auf die Intention des Erwachsenenschutzgesetzes setzt.
Links
VertretungsNetz–Geschäftsführer Peter Schlaffer im Interview über das neue Erwachsenenschutzgesetz im Diakonie-Blog: Mehr Autonomie, mehr Selbstbestimmung
Der Standard: Erwachsenenschutz: ÖVP-Minister streiten ums Geld
Präsentation des Erwachsenenschutzgesetzes von Dr. Peter Barth (BM für Justiz, Leitender Staatsanwalt, Leiter der Abteilung für Familien-, Personen- und Erbrecht) im Rahmen der ÖAR-Tagung 2017
Veranstaltungstipp
Dr. Peter Barth (BM für Justiz, Leitender Staatsanwalt, Leiter der Abteilung für Familien-, Personen- und Erbrecht) referiert auf der Jahrestagung „Pflege und Recht“ zu: Das neue Erwachsenenschutzgesetz – alles neu im Sachwalterrecht?
Donnerstag, 22. Juni 2017, 9.00 – 16.30 Uhr, Graz
Dienstag, 17. Oktober 2017, 9.00 – 16.30 Uhr, Linz