Das SozialRechtsNetz ist eine Initiative der Armutskonferenz. Es unterstützt Armutsgefährdete und -betroffene in Österreich, ihre sozialen Rechte durchzusetzen.
Herzstück der Arbeit ist die sogenannte „strategische Klagsführung“. Gravierende Rechtsprobleme sollen in einem „Musterverfahren“ der Klärung durch die Höchstgerichte zugeführt werden. So entsteht Rechtssicherheit auch für ähnlich gelagerte Fälle.
Inhaltlicher Schwerpunkt sind derzeit die unterschiedlichen Mindestsicherungs- und Sozialhilfe-Gesetze der Bundesländer. Denn hier gibt es besonders viele unsoziale und teilweise verfassungswidrige Entscheidungen. Betroffen sind Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen, pflegende Angehörige und Kinder in größeren Familien, wo die Armut besonders groß ist.
Unsoziale Entscheidungen bekämpfen
So wie bei Sarah G: Die 33jährige Niederösterreicherin kann aufgrund ihrer Autoimmunerkrankung nicht durch Erwerbsarbeit ihren Lebensunterhalt verdienen. Frau G. erhält jedoch keine bedarfsorientierte Mindestsicherung und lebt in großer Armut. Da sie als „selbsterhaltungsunfähiges Kind“ gilt, müssen die Eltern für sie finanziell aufkommen, so die Argumentation des Landes NÖ. Die Eltern von Frau G. sind jedoch aufgrund der Insolvenz des Familienunternehmens hoch verschuldet, der Vater hatte einen Schlaganfall, die Mutter ist psychisch erkrankt.
Anhand der einzelnen Bescheide von Behörden wird oft erst deutlich, welche drastischen unsozialen Folgen bestimmte Gesetze haben. Die Betroffenen selbst können sich eine rechtliche Vertretung oft nicht leisten und wehren sich deshalb nicht gegen abgelehnte Anträge oder zurückgewiesene Ansuchen. Und dies, obwohl sie mit professioneller Beratung das Recht auf ihren Anspruch durchsetzen könnten.
Hier setzt das SozialRechtsNetz an und organisiert in speziellen Einzelfällen eine für die Personen kostenlose rechtliche Vertretung. VertretungsNetz ist Mitglied der Armutskonferenz und unterstützt das SozialRechtsNetz seit dessen Gründung auch mit rechtlicher Expertise. Denn der bald 40 Jahre tätige Verein verfügt im Bereich strategische Klagsführung über langjährige Erfahrung.
Rechte setzen sich nicht von selbst durch
Bei VertretungsNetz bemühen sich die betrauten ErwachsenenvertreterInnen, die soziale Absicherung der vertretenen Personen sicherzustellen. In rechtlichen Problembereichen und bei Diskrepanzen zwischen den Landesgesetzen und Menschenrechten werden die MitarbeiterInnen von regionalen RechtsexpertInnen, von KonsulentInnen und der vereinsinternen Rechtsabteilung bei der Durchsetzung unterstützt.
„Wenn wir der Auffassung sind, dass es bei einer behördlichen Entscheidung ein generelles Rechtsproblem gibt, befassen wir damit – falls nötig – alle Instanzen. Eine „höchstgerichtliche Judikatur“, kommt dann nicht nur den vom Verein vertretenen, sondern allen Menschen zugute, deren Fälle ähnlich gelagert sind,“ erklärt Ilse Zapletal die Strategie. Sie ist in der Rechtsabteilung bei VertretungsNetz für den Bereich Erwachsenenvertretung zuständig. „VertretungsNetz nimmt die Vertretung im Einzelfall ebenso ernst wie die Interessenvertretung von Menschen mit Behinderungen, die gerade im Sozialbereich eine starke Lobby brauchen“.
Ilse Zapletal engagiert sich deshalb gemeinsam mit EV-Bereichsleiter Norbert Krammer, der VertretungsNetz bei der Armutskonferenz vertritt, für das SozialRechtsNetz. In der dort koordinierenden Steuerungsgruppe unterstützt Zapletal das Projektteam bei der Fallauswahl für die strategische Klagsführung. Die Erfolgsbilanz kann sich sehen lassen: Nach nur einem Jahr sind bereits zwei Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs zugunsten der KlientInnen zu verzeichnen.
Für Frau G. konnte das SozialRechtsNetz einen Etappensieg erringen: Der Verwaltungsgerichtshof hob das Urteil des niederösterreichischen Landesverwaltungsgerichts auf und stellte klar: Für den Fall, dass eine Hilfe suchende Person keine Leistungen von unterhaltspflichtigen Angehörigen erhält, steht ihr eine Leistung aus der Sozialhilfe zu. Frau G. hat nun bereits eine zeitlich eingeschränkte Nachzahlung erhalten. Den restlichen noch strittigen Zeitraum versucht das SozialRechtsNetz derzeit mittels außerordentlicher Revision beim Verwaltungsgerichtshof für Frau G. zu erkämpfen.
Soziale Menschenrechte in die Verfassung
Die Verwirklichung einer großen Utopie steht freilich noch aus: Die Aufnahme sozialer Menschenrechte in die österreichische Verfassung. Damit verbunden wäre das Recht auf existenzielle Mindestversorgung, Unterstützung und Betreuung, wenn ein Mensch nicht über ausreichende Mittel verfügt bzw. nicht selbst für sich sorgen kann. Ein derartiges „Bundesverfassungsgesetz soziale Sicherheit“ könnte auch Gerichten und Höchstgerichten als Referenz in der Auslegung gesetzlicher Bestimmungen dienen. Damit würde eine große menschenrechtliche Lücke geschlossen und selbstbestimmtes Leben besser ermöglicht werden.
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