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© S. Perkiewicz, Pixelio
© S. Perkiewicz, Pixelio
16.05.2018

Nur 56 Betten

VertretungsNetz fordert Ausbau der Kinder- und Jugendpsychiatrie Wien

Sophie (16) liegt in einem Bett auf der jugendpsychiatrischen Station, ihre Handgelenke dick einbandagiert. Die Medikamente gegen ihre schweren Depressionen machen sie noch müde. Dennoch hat sie Glück gehabt: weil sie noch lebt.

Und weil das Pflegepersonal hier spezialisiert ist auf die Bedürfnisse von jungen Menschen. Die Räume sind hell und freundlich. Kinder und Jugendliche erhalten pädagogische Begleitung und altersspezifische Therapieangebote – die nötigen Strukturen, um sich von einer emotionalen Krise soweit es geht zu erholen.

Sobald die ÄrztInnen davon ausgehen, dass Sophie halbwegs stabilisiert ist und nicht mehr versuchen wird, sich das Leben zu nehmen, wird sie zu Hause ambulant weiterversorgt. In ihrem Klinikbett liegt am selben Tag schon der oder die nächste Jugendliche. Wer jedoch nicht so viel Glück hat, wird in der Erwachsenenpsychiatrie untergebracht. Und das oft auch gegen den Willen der Eltern.

56 Betten gibt es für psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche in Wien – für eine Millionenstadt beschämend wenig. Damit für jede/n Minderjährigen in einer psychischen Krise ein Bett bereit stünde, müssten es nach ExpertInnenschätzungen etwa 130 sein. Denn Auslöser für einen emotionalen Ausnahmezustand gibt es viele: Die Eltern trennen sich, oder ein naher Angehöriger stirbt, Mobbing oder Gewalterfahrungen, Liebeskummer. Jede Familie kann betroffen sein – quer durch alle sozialen Schichten. Und oft reicht die Versorgung im ambulanten Bereich einfach nicht aus.

Jahrelanger Stillstand

Bernhard Rappert, Bereichsleiter der Patientenanwaltschaft bei VertretungsNetz für Wien, fordert seit mittlerweile fünf Jahren den dringend nötigen Ausbau, damit Kinder und Jugendliche nicht mehr auf der Erwachsenenpsychiatrie untergebracht werden müssen. „Im Jahr 2017 waren es 60 Jugendliche, insgesamt 494 Tage lang – in einem völlig unpassenden Setting und ohne spezialisiertes Fachpersonal“, kritisiert der Patientenanwalt. Und die freiwilligen Aufenthalte sind in diesen Zahlen noch gar nicht enthalten.

Fünf Jahre Stillstand ist eine lange Zeit. In dieser Zeit wird etwa aus einem 12-jährigen psychisch erkrankten Kind ein 17-jähriger Jugendlicher. Dem Vernehmen nach hat der Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) jedoch den geplanten Ausbau der Station Rosenhügel kürzlich erneut um ein Jahr verschoben. Auch das Krankenhaus Nord kann noch länger nicht in Betrieb gehen. ExpertInnen haben den KAV in diesem Zusammenhang kürzlich gewarnt, dass nach derzeitigem Stand mangels Personalplanung das nötige Pflegepersonal für die psychiatrische Station fehlen wird.

„Wir hoffen, dass mit der Bestellung des Psychiatriekoordinators Ewald Lochner nun endlich die kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung verbessert wird“, so Bernhard Rappert. „Gerade in so einem sensiblen Bereich darf man nicht länger auf der Bremse stehen“.


Links

Kinder- und Jugendpsychiatrie - ein Thema der Patientenanwaltschaft

Patientenanwaltschaft Wien, Kontakt