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Andreas Gschaider, Fachbereichsleiter Patientenanwaltschaft
Andreas Gschaider, Fachbereichsleiter Patientenanwaltschaft
24.09.2018

Rechtslücke schließen!

Pressekonferenz der Parlamentarischen BürgerInneninitiative zum Maßnahmenvollzug: 01.10.2018, 12:00 Uhr.

Eine unüberlegte Bemerkung, die als lebensgefährliche Drohung verstanden wird und ein Gutachten, in dem eine psychische Störung und eine deshalb erhöhte Gefährlichkeit attestiert werden: Das reicht eventuell schon aus für eine Unterbringung im Maßnahmenvollzug – auf unbestimmte Zeit.

Mehr als die Hälfte der Menschen im Maßnahmenvollzug wird wegen minderschwerer Delikte wie gefährliche Drohung, (versuchter) Widerstand gegen die Staatsgewalt oder (versuchte) Nötigung eingewiesen. Im Gegensatz zur Strafhaft wird die Maßnahme aber zeitlich unbegrenzt ausgesprochen, und es besteht keine Aussicht auf eine Aussetzung zur Bewährung. Nur einmal im Jahr wird überprüft, ob die Unterbringung aufgehoben werden kann. Mangelhafte Sachverständigen-Gutachten liefern oft die Basis für eine Haftverlängerung. Entlassungen sind sehr selten.

VertretungsNetz kritisiert Rechtslücke

Wenn Menschen in die Psychiatrie zwangsweise eingewiesen werden, gilt das sogenannte Unterbringungsgesetz, das einen menschenrechtskonformen Umgang mit Betroffenen sicherstellen soll. Der psychisch erkrankten Person wird ein Patientenanwalt oder eine Patientenanwältin von VertretungsNetz zur Seite gestellt.

Für psychisch erkrankte Menschen im Maßnahmenvollzug fehlt ein entsprechendes Gesetz, kritisiert Andreas Gschaider, Fachbereichsleiter Patientenanwaltschaft bei VertretungsNetz. „Das ist aus menschenrechtlicher Sicht höchst problematisch. Wir würden gerne den Rechtsschutz für diese Personengruppe übernehmen und sehen auch die fachliche Expertise dafür bei uns“.

Bürgerinitiative für Reform gestartet

Mehr Rechtsschutz für die Betroffenen sieht auch der Entwurf für ein neues Maßnahmenvollzugsgesetz vor, der jedoch seit Jahren auf die Umsetzung wartet. Er basiert auf insgesamt 92 Empfehlungen für eine Reform, die eine ExpertInnengruppe 2015 erarbeitet hat. Zentral wäre z.B. der Vollzug der Maßnahme in eigenen forensisch-therapeutischen Zentren, in denen psychisch erkrankte oder intellektuell beeinträchtigte Personen die nötige therapeutische Unterstützung erhalten könnten.

Ein Bündnis von neun Interessensvertretungen, unter ihnen VertretungsNetz, fordert nun, den Reformprozess wieder aufzunehmen und hat eine parlamentarische BürgerInnen-Initiative gestartet. Hier kann man sie noch unterzeichnen.

Am 1. Oktober um 12:00 Uhr laden die Organisationen SiM (Selbst- und Interessensvertretung zum Maßnahmenvollzug), VertretungsNetz und HPE (Hilfe für Angehörige psychisch Erkrankter) zur Pressekonferenz in die Conditorei Sluka, Kärntner Straße 13-15.

Um 14:00 Uhr werden die gesammelten Unterschriften vor dem Parlament an den Vorsitzenden im Petitionsausschuss (Michael Bernhard, NEOS) übergeben. 

„Wir fordern, dieses wichtige Thema wieder zurück auf die politische Agenda zu nehmen“, so Andreas Gschaider. „Immerhin warten psychisch erkrankte Menschen und ihre Angehörigen schon seit 40 Jahren auf einen menschenrechtskonformen Maßnahmenvollzug“. 


Links: 

Plattform Maßnahmenvollzug

Arbeitsgruppe Maßnahmenvollzug: Bericht an den Bundesminister für Justiz über die erzielten Ergebnisse, Jänner 2015

Stellungnahme von VertretungsNetz zum Entwurf eines Maßnahmenvollzugsgesetzes, September 2017