Weiter Hoffen auf Reform
Ende November hätte der Entwurf des Erwachsenenschutzgesetzes den Ministerrat passieren sollen, um in der Nationalratssitzung vor Weihnachten beschlossen zu werden. So der Plan. Doch vorerst heißt es: bitte warten. Denn Justiz- und Finanzministerium sind sich in Fragen der Finanzierung uneins.
Rund 60.000 Menschen haben in Österreich einen Sachwalter/ eine Sachwalterin. Sachwalterschaften werden hierzulande viel zu schnell ausgesprochen und werden oft als Entmündigung erlebt. Das sollte mit dem Erwachsenenschutzgesetz, das die Nachfolge des Sachwalterrechts antreten soll, anders werden. „Insofern ist es auch ein Stück weit eine Haltungsänderung. Weg vom stellvertretenden Handeln für Menschen, die Unterstützung brauchen, hin zur Suche nach gemeinsamen Lösungen mit den Betroffenen“, erklärt Peter Schlaffer, Geschäftsführer von VertretungsNetz, die grundlegende Änderung, die das neue Gesetz mit sich bringen wird.
Dass es gerade auf der Zielgeraden zu Verzögerungen kommt, sorgt für Unverständnis. Denn während der dreijährigen Vorbereitungsphase des Gesetzesentwurfs gab es zwar viele kritische Stimmen, aber am Ende wurde der Entwurf von allen Seiten gut geheißen. Die Finanzierungsfrage allein könne nicht ausschlaggebend für ein Scheitern des neuen Gesetzes werden. „Eine große Anzahl von Menschen würde einfach im Regen stehen gelassen, wenn dieser innovative Gesetzesentwurf nicht Realität wird“, zeigt sich Peter Schlaffer unzufrieden mit der aktuellen Situation und hofft weiterhin auf einen Konsens zwischen Finanz- und Justizministerium.
Was bringt das neue Gesetz – Retzer Justizgespräche
Die Errungenschaften, die das Erwachsenenschutzgesetz mit sich bringt, sind unbestritten. In einer ExpertInnen-Runde wurde während der Retzer Justizgespräche (20. – 21.10.2016) aus der Perspektive verschiedener Professionen darüber diskutiert. Dabei betonte Justizminister Wolfgang Brandstetter noch einmal das Ziel des Entwurfs, selbstbestimmtes Handeln so lange wie möglich zu gewährleisten. Dazu biete das neue Gesetz den Menschen Hilfestellungen, wo sie sie bräuchten, ohne ihnen gleich ganz die Geschäftsfähigkeit abzusprechen.
VertretungsNetz-Geschäftsführer Peter Schlaffer zollte bei dieser Gelegenheit dem neuen Entwurf Anerkennung. Dieser trägt der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung durch das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen Rechnung. Verpflichtendes Clearing im Falle einer Sachwalterschaftsanregung und Befristung der Erwachsenenvertretung auf drei Jahre, sind für ihn positive Neuerungen im Gesetz.
Links:
Kurier-Artikel vom 25.11.2016: Budget-Streit: "An 13 Millionen darf es nicht scheitern"
Wiener Zeitung vom 02.12.2016: Kommentar von Volksanwältin Gertrude Brinek - Der Preis der Selbstbestimmung