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Foto: Eingangsbereich Landesverwaltungsgericht OÖ

© LVwG OÖ / Haider

26.04.2023

Sozialamt kassierte Weihnachtsspende ein

Kein Bett zu haben, ist für das Magistrat Linz "kein Härtefall". VertretungsNetz fordert Reform der Sozialhilfe.

Eine Spende aus einer vorweihnachtlichen Hilfsaktion von 1.000 Euro sollte einem 26-jährigen Linzer endlich ein richtiges Bett, einen Kühlschrank, einen Herd und evtl. auch eine Waschmaschine bescheren. Denn vom laufenden Sozialhilfebezug gehen sich solche Wohnträume nicht aus. Doch das Sozialamt Linz setzte aufgrund der Spende den Sozialhilfebezug des jungen psychisch erkrankten Mannes im Folgemonat auf Null. Die Begründung: Wer eine derartig hohe Spende erhält, benötigt keine Sozialhilfe mehr.

Der junge Mann hat es nicht leicht gehabt. Wegen schwierigen familiären Verhältnissen verlor er schon mit 14 Jahren sein Zuhause, war einige Zeit wohnungslos und wurde drogenabhängig. Mit Unterstützung seiner Erwachsenenvertreterin von VertretungsNetz und einer Bewährungshelferin vom Verein „Neustart“ hat er gerade erst angefangen, sich ein stabiles Leben aufzubauen. Im Mai hat er einen Schnuppertermin für eine Arbeitsstelle.

VertretungsNetz bekämpfte den Sozialhilfebescheid des Linzers vor dem Landesverwaltungs­gericht (LVwG). Denn der Spendenbetrag sollte ja die außerordentlichen Kosten des Wohnbedarfs abdecken. Die Spende sei daher wie eine Zusatzleistung zur Vermeidung besonderer Härtefälle zu behandeln. Das Gericht folgte nun aber der Argumentation des Magistrats Linz: Der junge Mann hätte beim Sozialamt um eine Sonderleistung ansuchen können.

Was ist ein Härtefall?

Das lässt Birgit Lechner, Rechtsberaterin bei VertretungsNetz in OÖ nicht gelten: „Das Sozialamt bewilligt solche Zusatzleistungen in der Praxis so gut wie nie. Unsere Erfahrung aus den letzten Jahren, seit das Sozialhilfe-Ausführungsgesetz in OÖ umgesetzt wird, zeigt: Egal, ob es um eine dringende Zahnbehandlung, eine kaputte Waschmaschine oder um einen Umzug geht, die Antwort lautet oft ‚Nein‘.“

Seitens des Magistrats Linz bestätigt man diese Wahrnehmung von VertretungsNetz und anderen sozialen Organisationen sogar auf eine Anfrage der OÖN: „Das machen wir tatsächlich nur in Härtefällen, es besteht kein Rechtsanspruch“. Birgit Lechner ärgert sich: „Kein Bett zu haben und auf einer Couch zu schlafen, die man auf der Straße gefunden hat, ist für das Magistrat Linz also ‚kein Härtefall‘. Was dann?“

Fehlkonstruktion Sozialhilfe

Mit dem Sozialhilfe-Grundsatzgesetz wurde die Hilfe in besonderen Lebenslagen leider auf gesetzlicher Ebene stark eingeschränkt. Die Behörden in den meisten Bundesländern wiederum vollziehen die sogenannten „Kann-Leistungen“ des Gesetzes in der Regel als „Nicht-Leistungen“. Dass einem armutsbetroffenen Menschen nun auch das Spendengeld für ein Bett wieder abgenommen wird, macht deutlich, wie dringend das System reformiert werden muss. Die jüngsten Zahlen zeigen zudem einen dramatischen Anstieg der Armut in Österreich. Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen sind davon besonders stark betroffen.

VertretungsNetz fordert daher ganz grundsätzlich, soziale Rechte – etwa auf Pflege, Gesundheit, Wohnen und soziale Sicherheit – in der Verfassung zu verankern, damit man bei diesen fundamentalen Gütern des Lebens nicht auf den „Good will“ des einfachen Gesetzgebers angewiesen ist. Außerdem prüft der Verein nun weitere rechtliche Schritte gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts.