Waisenpensionsansprüche für Klient:innen müssen immer öfter mühsam gerichtlich erkämpft werden.
In einem besonderen Fall führte der Rechtsstreit mit der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) bis zum Obersten Gerichtshof – und damit zum Erfolg. „Von der Grundsatzentscheidung profitieren nun auch andere Waisen. Gut so – schließlich ist die Waisenpension eine Leistung aus der Pensionsversicherung, für welche die Eltern der Betroffenen eingezahlt haben. Die Armut, in der viele unserer Klient:innen leben, kann mit der Waisenpension ein Stück weit abgefedert werden“, zeigt sich Martin Marlovits, stv. Fachbereichsleiter Erwachsenenvertretung, erfreut.
Die Fallgeschichte: Unser Vereinsklient war erst Mitte 20, als im Februar 2020 sein Vater starb. 2019, also bereits davor, war für den jungen, psychisch erkrankten Mann eine Erwachsenenvertretung bestellt worden. 2021 übernahm VertretungsNetz die Vertretung und stellte umgehend einen Antrag auf Waisenpension.
Ein Antrag auf eine Waisenpension muss innerhalb von 6 Monaten nach dem Tod des Angehörigen gestellt werden, dann wird diese ab dem Folgetag des Todestages gewährt. Wird der Antrag hingegen später gestellt, gebührt die Waisenpension erst ab dem Datum des Antrags. So können Waisen um tausende Euro „umfallen“, die ihnen eigentlich zustehen.
Für Minderjährige gibt es daher seit 1993 schon besondere Schutzbestimmungen – stirbt ein Elternteil, so endet die Antragsfrist erst sechs Monate nach dem 18. Geburtstag des Kindes. 2018 wurde die Situation weiter verbessert: Für volljährige, nicht geschäftsfähige Waisen endet die Antragsfrist seither erst sechs Monate nach „Wiedererlangen der Geschäftsfähigkeit“. Da der Vereinsklient zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht geschäftsfähig war, hätte die PVA also die Pension ab dem Folgetag des Todestags des Vaters auszahlen müssen.
Die PVA argumentierte nun aber so: Die Bestellung einer Erwachsenenvertretung sei mit dem „Wiedererlangen der Geschäftsfähigkeit“ gleichzusetzen. Das Gesetz aus 2018 wolle lediglich geschäftsunfähige Waisen ohne Erwachsenenvertreter:in schützen. Der damalige Erwachsenenvertreter des Klienten hätte den Antrag fristgerecht bis sechs Monate nach dem Tod des Vaters einbringen müssen. Da er dies unterlassen hat, gebühre die Pension nicht rückwirkend.
Der OGH hält nun jedoch eindeutig fest: Der Gesetzgeber wollte Minderjährige und eingeschränkt geschäftsfähige Erwachsene vor denselben Gefahren – dem Versäumnis ihrer gesetzlichen Vertretung, rechtzeitig einen Antrag zu stellen - schützen. Für Antragsteller:innen, die in ihrer Geschäftsfähigkeit beeinträchtigt sind, beginnt die sechsmonatige Antragsfrist daher auch dann erst mit Wiedererlangung der vollen Geschäftsfähigkeit zu laufen, wenn eine gerichtliche Erwachsenenvertretung für sie bestellt ist.
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OGH Entscheidung 10 ObS 81/23v