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Armut und Sozialhilfe

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Ein Verarmungsgesetz

Die neue Sozialhilfe hat sich vielfach als weder sozial noch als hilfreich erwiesen. Im Gegenteil: Das System, das vor einigen Jahren die Mindestsicherung in den meisten Bundesländern abgelöst hat, erschwert es auch Erwachsenenvertreter:innen, den Lebensunterhalt ihrer Klient:innen abzusichern. Dazu kommen steigende Mieten, Teuerung und Inflation.

Für Menschen, die aufgrund von intellektueller Beeinträchtigung oder psychischer Erkrankung als „nicht selbsterhaltungsfähig“ gelten, verschärft sich damit die soziale Lage dramatisch. Statt Mindeststandards, die im Sinne einer Armutsbekämpfung nicht unterschritten werden dürfen, wurden mit dem Sozialhilfe-Grundsatzgesetz Höchstsätze normiert – welche noch dazu viel zu knapp bemessen sind. Frühere Spielräume der Länder, etwa für Härtefallregelungen und Nothilfen, wurden gekappt.

Weil das Recht auf existenzielle Mindestversorgung nicht in der Verfassung abgesichert ist und das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz den Ländern einen weiten Ermessensspielraum einräumt, können Sozialhilfebehörden zusätzliche Einkünfte einer Person vom Sozialhilfebezug abziehen, seien es Sonderzahlungen aus einer Mindestpension, Taschengeld aus einer Beschäftigung in „Behindertenwerkstätten“, oder auch einfach nur den Erlös aus dem Verkauf von Straßenzeitungen. Ein riesiges Problem ist die Anrechnung der Wohnbeihilfe auf die Sozialhilfe in manchen Bundesländern.

Unterhalt

Eine übliche, beschämende Praxis: Menschen mit Behinderungen, die als „nicht selbsterhaltungsfähig“ gelten, können gezwungen werden, bei ihren Eltern Unterhalt in Geldleistungen geltend zu machen, ansonsten wird ihnen die Sozialhilfe verwehrt – auch, wenn sie längst schon volljährig sind. Vor dem Gesetz gelten sie ihr Leben lang als Kinder – das widerspricht klar der UN-Behindertenrechtskonvention. Von den Eltern wird verlangt, als Lückenbüßer für den Sozialstaat einzuspringen. In vielen Fällen leiden die Familienbeziehungen durch das Gerichtsverfahren, manche Eltern brechen auch den Kontakt zu ihren Kindern ab. Betroffene werden damit weiter stigmatisiert und in ihrer psychischen Gesundheit geschädigt.

Eine Änderung der entsprechenden Bestimmung zum Unterhalt im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) könnte dem sofort ein Ende setzen, scheiterte aber bisher am politischen Konsens der Entscheidungsträger VertretungsNetz setzt sich seit Jahren auf vielen Ebenen unermüdlich für eine Änderung ein. Auch eine Änderung des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes könnte Abhilfe schaffen, wenn der „Kindesunterhalt“ bei Menschen mit Behinderungen z.B. mit dem 25. Lebensjahr begrenzt würde.

Wohnungslosigkeit

Besonders zynisch: Gemäß den Regelungen im Sozialhilfe-Grundsatzgesetz erhalten wohnungslose Menschen nur mehr 60 % der Sozialhilfeleistung, mit dem Argument, dass sie ja keine Mietkosten zu begleichen haben. Manche Betroffenen erhalten gar keine finanzielle Hilfe mehr: Denn früher konnten die Mitarbeiter:innen von Sozialeinrichtungen Bestätigungen ausstellen, wenn Personen ohne Meldeadresse Mindestsicherung beantragen mussten. Voraussetzungen waren Kontakt und eine laufende Beratungsbeziehung, die so den Aufenthalt glaubhaft bestätigte. Nun braucht es eine „Hauptwohnsitzbestätigung“ einer sozialen Einrichtung. Für viele wohnungslose Menschen ist das eine nicht überwindbare Hürde, da sie aufgrund ihrer psychischen Erkrankung gar keinen regelmäßigen Aufenthaltsort oder Kontakt haben.  

Soziale Rechte in die Verfassung

VertretungsNetz fordert: Wichtige soziale Rechte, wie etwa auf existenzielle Mindestversorgung, Pflege und Wohnen müssen endlich in die Verfassung aufgenommen werden. Um bis dahin schon mal die Frage zu klären, ob es rechtmäßig sein kann, armutsbetroffenen Menschen den Boden unter den Füßen wegzuziehen, bekämpft VertretungsNetz weiterhin einzelne Bescheide betroffener Klient:innen bis vor die Höchstgerichte. Durch die erzielte Rechtsprechung wurden schon einige gesetzliche Änderungen angestoßen.

Links:

Armutskonferenz

Sozialrechtsnetz